Krisenfest Ein multimediales Scrollytelling-Format zum Thema persönliche Krisenvorsorge von Daniela Wahl
Krisenfest Ein multimediales Scrollytelling-Format zum Thema persönliche Krisenvorsorge von Daniela Wahl
Dichter Nebel hängt noch in den malerischen Weinbergen, als ich mein Auto an einem Sommermorgen 2023 durch das kurvige Ahrtal in Rheinland-Pfalz lenke. Auf der linken Straßenseite plätschert das Wasser die Ahr entlang. Ein schmaler Nebenfluss des Rheins, der sich durch das rings von Weinbergen eingebettete Tal schlängelt. Am rechten Straßenrand zieht ein baufälliges Haus an mir vorbei. Mein Blick bleibt an der Fassade haften, auf der sich eine braune Linie knapp unter den Fenstern des ersten Stockes waagerecht entlangzieht. So hoch hat die Ahr nach ergiebigem Starkregen vor knapp zwei Jahren in der Nacht auf den 15. Juli 2021 hier gestanden.
Nicht nur an diesem Haus hat die Flut eine katastrophale Spur der Zerstörung hinterlassen, sondern vielerorts an der Ahr. Das Wasser verschluckte Infrastrukturen, Häuser, Umwelt und zahlreiche Menschenleben
– und das, obwohl viele Menschen an der Ahr seit Jahren Vorsorge betreiben.
Nach Angaben des Bundesministeriums des Innern und für Heimat ändert sich derzeit die Art, Häufigkeit und Intensität von Gefahren. Naturgefahren, kriegerische Handlungen, die Folgen des Klimawandels. Laut einer Umfrage des Sozialforschungsinstituts Forsa machen sich gegenwärtig mehr Menschen als noch vor fünf Jahren Gedanken darüber, welche Vorsorgemaßnahmen sie ergreifen können.
Doch was bringt eine persönliche Vorsorge und welche Maßnahmen kann jede und jeder Einzelne ergreifen, um krisenfest zu werden? Im Ahrtal und im Gespräch mit Fachleuten suche ich Antworten auf diese Fragen.
Bevor mir Markus Bertram von seinen Vorsorgemaßnahmen erzählen will, folge ich dem Winzer durch den Ort, denn er will mir zuerst das Weingut zeigen. Dazu zählt neben dem Weinhaus auch eine Produktionsstätte, die neben seinem Wohnhaus ein paar Straßen weiter im Dorf liegt.
Rings eingebettet in den Weinbergen
Dass er seinen Wein einmal in einem Container verkaufen muss, damit hat er vor der Flut nicht gerechnet, sagt Markus Bertram. Der an der Ahr aufgewachsene Winzer kennt das Hochwasserrisiko. Erst im Juni 2016 musste er sein Weingut gegen ein Jahrhunderthochwasser verteidigen. Damals wurde am nächstgelegenen Pegel Altenahr nach Angaben des Landesamtes für Umwelt Rheinland-Pfalz ein Höchstpegel von 3,71 Meter gemessen.
Überschwemmungen hat es an der Ahr schon immer gegeben. Als Grund nennt Markus Bertram zum einen die dichte Besiedlung am Flussbett, die die Flächen, wo das Wasser ablaufen könne, versiegle. Zum anderen spiele die geografische Lage eine große Rolle, denn die Steillagen der Weinberge würden in den Tälern wie ein Trichter zusammenlaufen.
Durch seinen Vater habe er deshalb schon früh gelernt, die Pegelstände der Ahr zu beobachten. Dass er einmal Zeuge einer Katastrophe wird, war für ihn vor der Flutnacht jedoch unvorstellbar, sagt Markus Bertram: „Das Ausmaß hätten wir nicht erahnen können.“
Vertrauen ist gut, Vorsorge ist besser
Über eine steile knarzende Holztreppe folge ich Markus Bertram auf den Dachboden über der Produktionsstätte. Dort präsentiert mir der Winzer seine Sammlung an Wasserpumpen. Diese hat er auch vor der Flutnacht vorgehalten, um das Wasser bei drohender Überschwemmung abpumpen zu können, sagt Markus Bertram.
Im Nebenraum zeigt mir der Winzer auch seine bevorrateten Sandsäcke. Diese kann er im Ernstfall vor Türen oder Fenstern platzieren, um das Wasser umzuleiten, erzählt er. Eine Hochwasserschutzversicherung habe er vor der Flutnacht nicht abgeschlossen gehabt. Bislang hätten die Vorsorgemaßnahmen immer ihren Zweck erfüllt.
So auch in der Flutnacht?
Achtung! Unwettertief Bernd ist im Anmarsch
Zurück im Büdchen erinnert sich Markus Bertram noch gut an die erste Unwetterwarnung, die er knapp eine Woche vor der Flutnacht über das Radio gehört hat. Sorgen hat er sich zunächst nicht gemacht, sagt der Winzer: „Da haben wir jetzt erst mal nicht so viel drauf gegeben, weil die Wetterdienste in den Jahren davor mit ihren Niederschlagsprognosen nicht immer das getroffen haben, was sie uns prognostiziert haben.“
Trotz anhaltender Unwetterwarnungen habe er am Montag vor der Flutkatastrophe noch im Garten hinter dem Weinhaus bei gutem Wetter bis in die Abendstunden seinen 40. Geburtstag gefeiert. Erst gegen Mitternacht habe es langsam zu tröpfeln begonnen, was sich später in einen ergiebigen Regen verwandelt hätte: „Da habe ich mir schon gedacht, wenn das jetzt so die nächsten zwei Tage durchregnet, dann bekommen wir doch noch ein Hochwasser zu sehen.“
Die mechanische Sirene hat allerdings die gegenteilige Funktion und soll vor Gefahren warnen.
Vorbereitung ist die halbe Miete
Markus Bertram erinnert sich, dass der Regen den Dienstag über angehalten hat, sodass er nicht in die Weinberge fahren konnte. Dort habe er Vorkehrungen für die bevorstehende Weinernte treffen wollen.
Am Mittwoch, dem 14. Juli 2021, warnte der Deutsche Wetterdienst schon am Morgen vor „extremem Unwetter" mit Dauer- und Starkregen in Teilen von Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz.
Gemeinsam mit seinem Bruder hat er an diesem Morgen bereits am Frühstückstisch beschlossen, sich auf ein Hochwasser vorzubereiten, sagt Markus Bertram. Zunächst habe er die Autos mit wichtigen Dokumenten beladen und in die Weinberge gefahren. Technische Geräte habe er aus dem Keller geholt oder dort höher gestellt. Den Öltank festgebunden. Dann habe er die Pumpen und Sandsäcke vom Dachboden über der Produktionsstätte geholt.
Zu Fuß über den Hinterhof
Gegen 19 Uhr verstaute er die letzten Sandsäcke am Weinhaus, um den Schutz der Spundwände noch zusätzlich zu verstärken, erinnert sich Markus Bertram.
Während sein Bruder am Weinhaus verblieben sei, habe er am Wohnhaus und in der Produktionsstätte noch letzte Vorkehrungen getroffen: „Da hatten wir auch Pumpen, Aggregate und Sandsäcke aufgebaut.“
Denke dran, schaff’ Vorrat an
Zu Fuß konnten sich Markus Bertram und sein Bruder zu einer Bekannten flüchten, die in einer höheren Lage in Dernau lebt. Seine Schwester habe, wie so viele in Dernau, die Nacht auf dem Dachboden verbringen müssen. Eine Flucht ist für viele nicht mehr möglich gewesen, erzählt Markus Bertram.
Wie Wehrführer Christian Schrading sagt, ist eine Rettung der Bürger*innen in Dernau ab einem gewissen Zeitpunkt kaum durchführbar gewesen: „Sobald das Wasser nach Dernau reinläuft, sind die Straßen nicht mehr passierbar. Selbst ein Schlauchboot hätte in dieser Situation nicht geholfen. Es sind Leute mit Aluminiumbooten gekommen, selbst die haben es nicht geschafft, gegen die Strömung anzufahren.“
Kuhnacht
Dernau versank in der Flutnacht nicht nur in den Wassermassen, sondern auch im Dunkeln.
Gegen viertel vor elf ist der Strom in der Feuerwehrwache ausgefallen, sagt Christian Schrading und zeigt auf eine stehen gebliebene Uhr, die dort auch heute noch eine Wand ziert. Wie der Wehrführer sich erinnert, ist wenig später auch der Empfang weggebrochen. Er und seine Kamerad*innen hätten nur noch per Funk kommunizieren können. Chaos sei über Dernau hereingebrochen.
Ein braun rot schimmernder See
Ein braun rot schimmernder See? Grund für die gewaltigen Wassermassen war nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes der Dauer- und Starkregen, ein Extremwetterereignis. So hatte es am Tag der Flutkatastrophe an der Ahr so viel geregnet wie sonst durchschnittlich im ganzen Monat Juli nicht.
Der Geruch von ausgelaufenem Heizöl hängt in der Luft
„Am frühen Morgen sah man schon die ersten Leute, die angefangen haben, die Möbel rauszuschmeißen“, sagt Markus Bertram. Er selbst habe sich erst am Abend nach der Flut einen Weg zum Weinhaus bahnen können, denn auf der Bundesstraße sei den Tag über noch ein reißender Fluss durch den Ort gezogen.
Am Weinhaus habe er dann mit Erschrecken festgestellt, dass die durch ausgelaufenes Heizöl kontaminierte Brühe bis zu 80 Zentimeter im ersten Stock gestanden habe. Im Wohnhaus und in der Produktionsstätte hat die Flut ähnlich massive Schäden hinterlassen, erinnert sich der Winzer.
Unwettertief Bernd hinterließ in dieser Nacht nicht nur bei Markus Bertram eine Spur der Zerstörung, sondern verwandelte das liebliche Ahrtal in eine Trümmerlandschaft und riss 135 Menschen in den Tod.
Die Wassermassen verschluckten vielerorts an der Ahr nicht nur Leben und Häuser, sondern auch Bahnschienen, Abwasserrohre, Kläranlagen, Stromleitungen, Trinkwasserkanäle und Straßen.
Für das Fachwerkhaus ihres Lebenspartners gab es nach der Ausräumung jedoch keine Rettung mehr, sagt Diana Berzen. Das Wasser habe bis zu 3,80 Meter im Haus gestanden. Eine Renovierung wäre für die Versicherung zu teuer geworden, es folgte der Abriss.
Um sich künftig besser auf einen Ernstfall vorzubereiten, muss man aus vergangenen Krisen oder Katastrophen lernen, sagt Elke Geenen. Dabei sei es wichtig innerhalb der Gesellschaft über die Folgen von Krisen und Katastrophen zu sprechen, um die Risiken nicht wieder zu vergessen.
„Einerseits ist es natürlich gut, dass man einen Alltag leben kann, in dem das Risiko nicht ständig präsent ist. Andererseits beinhaltet das Vergessen, dass man keine katastrophen- oder risikobezogene Kultur entwickelt. Ein normales angstfreies Leben führen zu können, aber sich doch der Gefahr oder des Risikos bewusst zu sein. Das wäre wünschenswert.“
Was bleibt ist eine von Schlamm überzogene Holztruhe
Die Sonne hat sich mittlerweile durch den Nebel gekämpft und helles Licht fällt durch ein mit Weintrauben verziertes Bleiglasfenster in das leere Erdgeschoss des Weinhauses. Von der Decke hängt eine Stromleitung und es riecht nach abgeschlagenem Putz.
Markus Bertram erinnert sich, wie er und seine Familie nach der Flut das Weingut ausräumen und vom Schlamm befreien mussten. Dabei hätten viele freiwillige Helfer*innen und Winzerkolleg*innen mit angepackt. So hätten sie auch nur sechs Wochen nach der Katastrophe neben den Ausräumarbeiten die Weinernte sicher einfahren können.
„Das war schon sehr ergreifend. Die Unmengen an Helfern, die mit angepackt haben oder Winzerkollegen, die einem Material zur Verfügung gestellt haben."
Ums Eck reiht sich eine mit Schlamm überzogene Holztruhe zwischen die Werkzeugbank und den Heizlüfter. Eines der wenigen Erbstücke, von denen sich Markus Bertram nicht trennen konnte. Erinnerungen wie der Meisterbrief seines Vaters – unwiederbringlich von den Wassermassen vertilgt. Noch befinden sich das Erdgeschoss, der Keller und der erste Stock im Rohbau.
Danksagung
Das multimediale Scrollytelling-Format Krisenfest entstand im Rahmen der Masterarbeit von Daniela Wahl im Masterstudiengang Medienwissenschaft am Institut für Medienwissenschaft an der Eberhard Karls Universität Tübingen unter der Betreuung von Dr. Anne Ulrich.
An dieser Stelle geht ein herzliches Dankeschön an Dr. Anne Ulrich für die all Zeit wunderbare Betreuung.
Zudem richtet sich mein Dank an Denys Avramenko, Markus Bertram, Diana Berzen, Dr. phil. habil. Elke M. Geenen, Prof. Dr. Kira Rehfeld und Christian Schrading, die mir ihre Zeit geschenkt haben und ohne die dieses Format nicht umgesetzt hätte werden können.
Mein Dank gilt auch Henning Hahn vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe für ein eindrückliches Hintergrundgespräch und die schriftliche Beantwortung all meiner Fragen.
Weiter geht mein Dank an Stephanie Ley, Ingrid Näkel-Surges und an den Ahrtal-Tourismus für die Bereitstellung von Bildmaterial.
Zudem möchte ich mich beim Zentrum für Medienkompetenz der Eberhard Karls Universität Tübingen für die technische Beratung und Bereitstellung von Technik bedanken.
Zuletzt danke ich meiner Familie, meinen Kommilitoninnen und meinen Freunden für die großartige Unterstützung.
Quellenvon Bildern, Videos und Tönen
Kapitel 1 Krisenfest
Seite 1 Video: Anfahrt (Quelle: Daniela Wahl)
Seite 2 Foto: Dernau (Quelle: Daniela Wahl)
Seite 3 Foto: Das Weinbüdchen (Quelle: Daniela Wahl)
Seite 4 Foto: Markus Bertram (Quelle: Daniela Wahl)
Seite 5 Foto: Dernau (Quelle: Daniela Wahl)
Kapitel 2 Rings eingebettet in den Weinbergen
Seite 6 Foto: Marienthal und Dernau
(Quelle: Ahrtal-Tourismus/Dominik Ketz)
Seite 7 Foto: Marienthal und Dernau
(Quelle: Ahrtal-Tourismus/Dominik Ketz);
Elke M. Geenen (Foto: Elke M. Geenen)
Seite 8 Foto: Marienthal und Dernau
(Quelle: Ahrtal-Tourismus/Dominik Ketz)
Vertrauen ist gut, Vorsorge ist besser
Seite 9 Foto: Pumpen (Quelle: Daniela Wahl)
Seite 10 Foto: Pumpen (Quelle: Daniela Wahl)
Seite 11 Foto: Zerstörtes Haus (Quelle: Stephanie Ley)
Achtung! Unwettertief Bernd ist im Anmarsch
Seite 12 Foto: Das Weinbüdchen (Quelle: Daniela Wahl)
Seite 13 Foto: Radio (Quelle: Pixabay)
Seite 14 Foto: Sirene (Quelle: Pixabay); Atmo Sirenensignal Warnung (Quelle: Ministerium des Inneren, für Digitalisierung und Kommunen in Baden-Württemberg); Atmo Sirenensignal Entwarnung (Quelle: Ministerium des Inneren, für Digitalisierung und Kommunen in Baden-Württemberg)
Seite 15 Foto: Sirene (Quelle: Pixabay)
Vorbereitung ist die halbe Miete
Seite 16 Foto: Sandsäcke (Quelle: Daniela Wahl)
Seite 17 Video: Markus Bertram 1 (Quelle: Daniela Wahl)
Seite 18 Foto Sandsäcke (Quelle: Daniela Wahl);
Foto Sandsack befüllen (Quelle: Daniela Wahl);
Video Sandsack befüllen (Quelle: Daniela Wahl)
Seite 19 Foto Christian Schrading (Quelle: Daniela Wahl)
Seite 20 Video Christian Schrading 1 (Quelle: Daniela Wahl)
Seite 21 Foto Sandsäcke (Quelle: Daniela Wahl)
Seite 22 Foto Feuerwehrauto (Quelle: Daniela Wahl)
Seite 23 Foto Denys Avramenko (Quelle: Daniela Wahl)
Seite 24 Video Denys Avramenko 1 (Quelle: Daniela Wahl)
Seite 25 Foto Denys Avramenko (Quelle: Daniela Wahl)
Seite 26 Foto Lager im Wald (Quelle: Pixabay)
Zu Fuß über den Hinterhof
Seite 27 Foto Hinterhof (Quelle: Daniela Wahl)
Seite 28 Video Markus Bertram 2 (Quelle: Daniela Wahl)
Seite 29 Foto Hinterhof (Quelle: Daniela Wahl)
Seite 30 Video Markus Bertram 3 (Quelle: Daniela Wahl)
Seite 31 Foto Hinterhof (Quelle: Daniela Wahl)
Seite 32 Foto Diana Berzen mit Hund Amie
(Quelle: Daniela Wahl)
Seite 33 Foto Wasserpegel in Mayschoß am 14.07.2021 (Quelle: Stephanie Ley)
Seite 34 Foto Mayschoß knapp zwei Jahre nach der Flut (Quelle: Daniela Wahl)
Seite 35 Foto Sandsäcke am Haus (Quelle: Diana Berzen)
Seite 36 Foto Denys Avramenko mit Fluchtrucksack
(Quelle: Daniela Wahl)
Seite 37 Foto Fluchtrucksack (Quelle: Daniela Wahl)
Seite 38 Foto Zelt (Quelle: Daniela Wahl)
Seite 39 Foto Wasserkocher (Quelle: Daniela Wahl);
Video Denys Avramenko 2 (Quelle: Daniela Wahl)
Seite 40 Foto Denys Avramenko mit Stadtrucksack
(Quelle: Daniela Wahl)
Seite 41 Foto Denys Avramenko mit Fluchtrucksack
(Quelle: Daniela Wahl)
Seite 42 Foto Wald (Quelle: Daniela Wahl);
Video Denys Avramenko 3 (Quelle: Daniela Wahl)
Seite 43 Foto Wald (Quelle: Daniela Wahl)
Seite 44 Foto Bunker (Quelle: Pixabay)
Denke dran, schaff Vorrat an
Seite 45 Foto Dernau während der Flut
(Quelle: Markus Bertram)
Seite 46 Video Ahr (Quelle: Diana Berzen)
Seite 47 Foto Dernau während der Flut
(Quelle: Markus Bertram)
Seite 48 Foto Vorratskammer (Quelle: Daniela Wahl)
Seite 59 Foto Getreidefeld (Quelle: Pixabay)
Kuhnacht
Seite 50 Foto Uhr (Quelle: Daniela Wahl)
Seite 51 Video Christian Schrading 2 (Quelle: Daniela Wahl)
Seite 52 Streichholz (Quelle: Pixabay)
Seite 53 Das Notstromaggregat (Quelle: Daniela Wahl)
Seite 54 Das Kurbelradio (Quelle: Daniela Wahl);
Atmo (Quelle: Daniela Wahl)
Seite 55 Streichholz (Quelle: Pixabay)
Seite 56 Video Markus Bertram 4 (Quelle: Daniela Wahl)
Ein braun rot schimmernder See
Seite 57 Foto Dernau nach der Flut
(Quelle: Ingrid Näkel-Surges); Foto Kira Rehfeld
(Quelle: Valentin Marquardt)
Seite 58 Foto Zerstörung Ahrtal (Quelle: Stephanie Ley); Foto Kira Rehfeld (Quelle:
Valentin Marquardt)
Seite 59 Foto Zerstörung Ahrtal (Quelle: Stephanie Ley)
Seite 60 Foto Zerstörung Ahrtal (Quelle: Stephanie Ley)
Seite 61 Foto Dernau nach der Flut
(Quelle: Ingrid Näkel-Surges)
Seite 62 Video Markus Bertram 5
(Quelle: Daniela Wahl)
Der Geruch von ausgelaufenem Heizöl hängt in der Luft
Seite 63 Foto Unrat (Quelle: Diana Berzen)
Seite 64 Video Wasserkante (Quelle: Daniela Wahl)
Seite 65 Foto Zerstörung in Dernau (Quelle: Diana Berzen)
Seite 66 Foto Zerstörung in Mayschoß (Quelle: Stephanie Ley)
Seite 67 Foto links (Quelle: Diana Berzen);
Foto rechts (Quelle: Diana Berzen)
Seite 68 Foto Diana Berzen und ihr Lebenspartner
(Quelle: Daniela Wahl)
Seite 69 Foto Diana Berzen und ihr Lebenspartner
(Quelle: Daniela Wahl)
Seite 70 Foto Mayschoß nach der Flut (Quelle: Stephanie Ley)
Was bleibt ist eine von Schlamm überzogene Holze
Seite 71 Foto Weinhaus innen (Quelle: Daniela Wahl)
Seite 72 Foto rechts Weinhaus vor der Flucht (Quelle: Markus Bertram); Foto links Weinhaus heute (Quelle: Daniela Wahl)
Seite 73 Foto: Weinflaschen (Quelle: Daniela Wahl)
Die Prepper
Das Preppen beschreibt eine Praxis, bei der sich Menschen gezielt auf das Eintreten verschiedener Krisen- und Katastrophenszenarien vorbereiten.
Die Bezeichnung „Prepper“ leitet sich vom englischen Verb „to prepare“ ab, was übersetzt „sich vorbereiten“ bedeutet. Dabei ist nicht jeder, der sich auf einen Ernstfall vorbereitet, ein Prepper. Es handelt sich dabei vielmehr um eine Eigenbezeichnung.
Zu den Vorsorgemaßnahmen der Prepper zählt zum Beispiel das Horten von Notvorräten, der Ausbau von Schutzräumen wie privaten Bunkern oder das Erlernen von Fähigkeiten zum Überleben in der Wildnis oder zur Selbstverteidigung.
Gründe für das Preppen gibt es viele – Sicherheit, Handlungsmacht, der Wunsch nach Autarkie bis hin zur Infragestellung des staatlichen Gewaltmonopols. Die intensive Krisenvorsorge hat den Preppern allerdings einen Ruf als paranoide Spinner oder Weltuntergangsfanatiker eingebracht.
Das Preppen – zu viel des Guten?
Wie es schriftlich aus dem BBK zum Preppen heißt, ist die Vorsorge ungeachtet der jeweiligen individuellen Intensität nicht als extremistisch zu bewerten und wird seitens des Amtes begrüßt. Beim Preppen sei dies jedoch nicht immer der Fall, da sich einige Prepper nicht nur auf Katastrophenszenarien vorbereiten würden, sondern auch das staatliche Gewaltmonopol in Frage stellen.
„Wenn sich in dem Rahmen der Vorsorge ein Netzwerk etabliert, das in Teilen mit extremistischem Gedankengut operiert, in dem sich mögliche Radikalisierungstendenzen verbreiten können oder in dem sich Menschen bewaffnen, muss der Staat alarmiert sein und diesem entschieden entgegentreten. Für alles, was über die persönliche Vorsorge und Selbsthilfe hinausgeht, beispielsweise das Aufrechterhalten der öffentlichen Sicherheit und die Gefahrenabwehr, ist der Staat zuständig.“ – BBK
Das Preppen – eine isolatorische Angelegenheit?
Für Katastrophensoziologin Elke Geenen ist das Preppen im Gegensatz zu der Eigenvorsorge eine sehr isolatorische Angelegenheit: „Beim Preppen haben Menschen das Gefühl, jede*r steht für sich alleine auf der Welt.“
Forschungen zu vergangenen Krisen und Katastrophen haben hingegen gezeigt, dass sich Menschen im Ernstfall in erster Linie solidarisieren und ein prosoziales Verhalten zeigen, sagt Elke Geenen. „Ich finde, dass man gegen dieses Preppen die Solidarität der Menschen stellen kann.“
Dabei sind Seuchen, wie die Corona-Pandemie eine Ausnahme, denn die angeordnete Isolation führt auch zu einem isolierten Verhalten, sagt die Katastrophenforscherin. „Wobei auch die Corona-Krise harmlos war. Wenn man mal zurückgeht auf die Pest, da kann man die Entsolidarisierung im Extremen beobachten. Dagegen war die Corona-Krise mit diesem Toilettenpapierhamstern noch harmlos."
Der Bunker
Während sich die Bevölkerung früher allein im westlichen Teil von Deutschland in die einst 2.000 öffentlichen Schutzanalagen flüchten konnte, stehen dem Bund nach Angaben der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben derzeit keine einsatzbereiten öffentlichen Schutzräume zur Verfügung.
Da sich die Gefahrenlage nach dem Kalten Krieg in Deutschland verändert hat, wurden die Schutzräume im Zuge der Friedensdividende im Jahr 2007 abgewickelt. Die noch übrigen 579 öffentlichen Schutzanlagen befinden sich laut der Bundesanstalt in Privatbesitz oder im Besitz von Kommunen.
Nach Angaben der Bundesanstalt verfügt die Bundesrepublik unabhängig von der aktuellen Verfügbarkeit oder Nutzbarkeit der öffentlichen Schutzräume über eine flächendeckende Bausubstanz, die Schutz vor einem Angriff durch Kriegswaffen bieten kann. Dazu zählen U-Bahn-Stationen, Tiefgaragen oder Kellerräume in Massivbauweise. Zur Not können auch Treppenhäuser oder innenliegende Räume Schutz vor Waffeneinwirkung bieten.
Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine hat das Bundesministerium des Innern und für Heimat im März 2022 veranlasst, die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben und das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe mit einer Bestandsaufnahme aller öffentlichen Schutzräume zu beauftragen. Die Inventur zeigte, dass eine Reaktivierung der noch öffentlich gewidmeten Schutzräume grundsätzlich möglich ist.
Staatliche Notreserve
Um die Versorgung der Bevölkerung in Krisen- und Katastrophenfällen von größerem Ausmaß zu gewährleisten, existieren auch staatliche Notreserven in den unterschiedlichsten Bereichen wie zum Beispiel in der Sanitätsmaterial- oder Nahrungsmittelversorgung.
Die staatlichen Lebensmittelvorräte werden von der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung verwaltet. Nach Angaben der Anstalt existiert an über 150 geheimen Standorten eine staatliche Reserve an Weizen, Roggen, Hafer, Reis, Kondensmilch und Hülsenfrüchten.
Im Ernstfall soll die staatliche Lebensmittelreserve dazu beitragen, kurzfristige Engpässe zu überbrücken. Demnach ist der Vorrat nicht auf eine langfristige Versorgung aller in Deutschland lebender Bürger*innen ausgelegt und reicht je nach Bedarf nur wenige Tage oder mehrere Wochen.
Bei friedenszeitlichen Versorgungskrisen sind jedoch zunächst die Bundesländer zuständig. Erst wenn diese beim Bund Hilfe anfordern, werden die Vorräte bereitgestellt. Dazu ist es laut der Bundesanstalt bislang jedoch noch nie gekommen.
Um im Spannungs- und Verteidigungsfall Obdach, Wärme, Wasser und Verpflegung für unverletzt betroffene Menschen sicher zu stellen, wird derzeit eine Betreuungsreserve im Rahmen des
Pilotprojektes Labor Betreuung 5.000
vom Bund erprobt. „Dabei handelt es sich um eine weitgehend autark funktionierende mobile Unterkunfts- und Betreuungseinrichtung für bis zu 5.000 unverletzt betroffene Menschen, die in Notlagen kurzfristig aufgebaut werden kann. Vollständig aufgebaut ist ein MBM 5.000 vergleichbar mit einer mobilen Kleinstadt“, heißt es dazu schriftlich aus dem BBK.
Extremwetterereignisse - auch in Zukunft ein Risiko?
Wie Klimatologin Kira Rehfeld sagt, muss man in Zukunft verstärkt mit Extremwettereignissen wie zum Beispiel Hitze, Dürre oder Unwetter rechnen. Als Grund nennt sie die durch den Menschen zusätzlich verursachte Erwärmung der Atmosphäre.
Im Geo- und Umweltforschungszentrum an der Eberhard Karls Universität in Tübingen spreche ich mit Kira Rehfeld. Dort forscht die Klimatologin zu Klimavariabilität und nachhaltigen Pfaden.
Zelt
Für eine Flucht empfiehlt Denys Avramenko, sich ein kleines leichtes Zelt in den Fluchtrucksack zu packen, um unterwegs nicht zu viel tragen zu müssen.
Bei einer Flucht, auf der man unentdeckt bleiben will, würde er sein Zelt unter ein Tarn stellen, sagt er. Als Tarn wird ein Stoff bezeichnet, der den Wald imitiert.
Um das Zelt vor Feuchtigkeit zu schützen, rät Denys Avramenko ein Tarp darüber oder darunter zu legen. Ein Tarp ist eine Schutzplane, die vor Regen und Sonne schützen kann.
Grey Man
Es kann sein, dass man in Situationen gerät, in denen man unauffällig flüchten muss, sagt Denys Avramenko. Insbesondere in der Stadt würde man dann mit einem großen Fluchtrucksack besonders auffallen.
Für ein solches Szenario hat der Krisenvorsorger einen kleinen dunklen Fluchtrucksack, der mit den wichtigsten Gegenständen gepackt ist. Dazu zählen Verpflegung, Kleidung oder wichtige Dokumente.
In der Prepper-Szene zählt dies zum sogenannten „Grey-Man-Konzept.“
Dieses Konzept beschreibt eine Taktik, sich möglichst unauffällig zu verhalten oder unscheinbar zu kleiden, um sich aus gefährlichen Situationen retten zu können.