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Los geht's

Nachtleben in Stuttgart

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Gegen 23 Uhr füllen sich die Straßen der Stuttgarter Innenstadt. Feierwütige und Nachtschwärmer machen sich auf den Weg zu ihren Lieblings-Locations. Ob Club, Bar oder irgendwas dazwischen – im Mittelpunkt stehen Drinks und Musik, die Grenzen verschwimmen. Doch was brauchen Lokale, um im Nachtleben Erfolg zu haben?

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Fehlende Laufkundschaft und undurchschaubares Ausgehverhalten sind für viele Gastronome und Clubbesitzer eine unüberwindbare Herausforderung. Trotzdem halten sich manche über viele Jahre. Drei Akteure des Stuttgarter Nachtlebens geben einen Einblick in ihren Alltag – zwischen Hoffnung, Erfolg und Enttäuschung.

Jetzt bist du dran! In der folgenden Folie kannst du zwischen den drei Nachtlokalen auswählen.

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Der Raum ist abgedunkelt, nur der Barkeeper scheint hell erleuchtet zu sein. Zu rechten Seite reden zwei Männer.

Im Keller leuchtet schon die Clubbelichtung. Kühle Farben und Schwarzlicht. Der Türsteher ist bereit. Wartet hinter der Eingangstür.

Ein paar Mitglieder des Vereins, zu dem die Bar gehört, sitzen zu dritt auf einem der schwarzen Ledersofas. Hinter ihnen ist ein Spiegel, drum herum Zeichnungen von Libellen, Fratzen, ein flammendes Peace-Zeichen und ein Hahn. Sie trinken, rauchen und warten auf Gäste.

Es läuft elektronische Musik. Der DJ des Abends nimmt die Nadel von der Schallplatte: "Ich habe meine Nadel geputzt – Staub von der Nadel genommen." Er testet, ob sie jetzt besser über das Vinyl gleitet. Dann nimmt er die Platte vom Drehteller, dreht sie um. Noch ist er nicht zufrieden, nimmt den Tonträger ganz von der kreisenden Unterlage und schüttelt ihn aus.

An der Decke dreht langsam eine selbstgebaute Interpretation einer Diskokugel: Zwei Fahrradspeichen drehen sich im Licht. Kleine, viereckige Spiegel an den Kanten reflektieren Flecken an die Wand. In der Mitte des Raumes stehen drei Tische mit Hockern daneben.


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In blauem Licht drehen sich die Speichen eines Fahrrads, welche mit Mosaik Glitzersteinen dekoriert worden ist. Es handelt sich um eine selbstgebaute Diskokugel.

Die Pano Bar ist kein Club wie jeder andere. Das zeigt sich schon an der Getränkekarte. Keine Coca-Cola, kein Heineken, keine Großkonzerne in flüssiger Form. Die Wände zieren psychedelische Werke von einem lokalen Künstler. Wasser gibt es an vielen Abenden kostenlos an der Theke.

Veranstaltungen wie die "Inklusive Disko", eine Party für und von Menschen mit und ohne Behinderung, ist ein Herzensprojekt der Pano-Leute. Themenabende zu Cannabis und der Rechtslage, Produzentenstammtische,
DJ-Workshops – die Pano Bar versteht sich mehr als Kulturzentrum als ein Club.

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Juliane Blanck im Interview

Juliane Blanck: 29 Jahre alt, "zuständig für Bar und Schnickschnack". Für die gelernte Erzieherin ist die Pano Bar eine Art Zufluchtsstätte neben Arbeit und Zuhause. Sie sitzt im Vorstand des Panopticum-Vereins, der gemeinschaftlich die Pano Bar betreibt.

2012 gegründet, waren die Musikfans von Panopticum die meiste Zeit heimatlos. Einem kurzen Intermezzo in einem Vereinsheim folgte 2016 wieder das Nomadentum. Ein Jahr später: ein Lichtblick in Form eines Freiraums, Zuffenhausen-Rot – ein eher raues Pflaster. Wo vorher griechische Livemusik gespielt wurde, tanzen Feierwütige jetzt zu Technobeats.

Blanck ist Idealistin und Optimistin durch und durch, sieht die Bar als ihr "kleines Utopia", einen Ort, an dem jeder so sein kann, wie er möchte.

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Juliane Blanck spricht im Interview
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Ein Auge ist auf einem weißen Fahnenwimpel vor einer Lampe. Der Raum ist in blau beleuchtet.
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Fünf Gäste kommen, setzen sich an den Tresen. Die Fläche vor dem DJ-Pult bleibt leer. Sie trinken eine Runde Bier und gehen nach kurzer Zeit wieder.

Jede Veranstaltung sei anders, betont Jule. Besonders gut würden die Specials laufen, etwa Halloween, Silvester oder Geburtstags-Partys.

Fehlende Kundschaft ist das Hauptproblem der Pano Bar. Daher schließt sie Mitte Mai und verabschiedet sich vom Nachtleben.

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Juliane Blanck spricht im Interview
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"Zwei Jahre – entweder du bist etabliert oder eben nicht. Dann kommt es in der Regel auch nicht mehr", sagt Juliane Blanck. Daher war von vornherein klar, dass es mit der Location der Pano Bar nur einen zweijährigen Mietvertrag geben soll. Der geht nun zu Ende.

Darüber hinaus lässt sich das Projekt Pano Bar finanziell nicht mehr stemmen: "Wir kommen rum, aber es fehlen Mitarbeitergehälter." Auch Darlehen belasten die Konten, die nicht abbezahlt werden können. An einem Puffer für den nächsten Sommer, in dem generell weniger los ist, mangelt es ebenfalls.

Die Instandhaltung gestaltet sich ebenfalls schwierig: Rauch, Schweiß, Hitze und Kälte setzen der Keller-Gastronomie zu. "Dann verreckt hier ständig was, das kostet auch richtig", erzählt Blanck.

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"Wir haben eigentlich in Bad Cannstatt gesucht", sagt Juliane Blanck und zuckt mit den Schultern. Verschiedene Locations schauten sie und ihre Vereinsmitgliedern an, sprach mit verschiedenen Vermietern.

Hier in Zuffenhausen-Rot fanden sie ihren Raum, der Mietvertrag wurde unterschrieben. "Den Standort hier gab's halt", sagt sie. "Es war mehr oder weniger zahlbar und wir waren überzeugt, dass wir das hier machen können."

Für zwei Jahre übernahmen sie den Keller. Verlängern wäre möglich gewesen. Vom Vermieter aus - aber nicht finanziell.

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Interview mit Juliane Blanck über den Standort
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Kaum Laufkundschaft, hohe Kosten für Personal und Instandhaltung, fehlende U-Bahn-Verbindungen nachts: Es gibt viele Gründe, die erklären könnten, warum es mit der Pano Bar nicht funktioniert hat.

Erfolg oder Misserfolg im Nachtleben bleiben ein Mysterium, auch dort, wo es läuft, das wissen die Betreiber der Bar. Letztendlich half kein Rettungsversuch.

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Ein Exit-Schild. In der rechten unteren Ecke steht auf einem Stück Papier "Sozialarbeiterin".

...das sangen Ton Steine Scherben, ähnlich idealistisch, schon 1972. Heute, 47 Jahre später, ist auch der Traum der Pano Bar vorbei. Am 15. Mai läuft der Mietvertrag aus. Kein kleines Utopia mehr, kein Ideenlabor.

Juliane Blanck spricht mit aufrechtem Blick darüber. Erstmal stünden die Closing-Wochen an, und auch das große Panopticum-Sommerfest komme noch. Handfeste Pläne für die Zukunft gibt es nicht.

Ein bisschen Balsam für die Techno-Fans: Nach der Schließung wird die selbst gebaute Sound-Anlage nach draußen geschafft. Vielleicht, so schwärmt Blanck, könne man das nie richtig ausgereizte Soundsystem dann an seine Grenzen bringen. Die ausgestellten Kunstwerke versteigert der Verein im Laufe der nächsten Wochen.

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Dönerbuden und ein Shisha-Café umkreisen die Pano Bar. Der Stuttgarter Stadtteil Rot, mitten im Bezirk Zuffenhausen, wurde in den Nachkriegsjahren vor allem für Flüchtlinge und Vertriebene aus dem Osten errichtet.

Das prägt das Viertel bis heute. Partybegeisterte Laufkundschaft bekommt die Pano Bar selten.

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Im blauen Licht tanzen Menschen passend zur Musik. Das Schwarzlicht lässt ihre Kleidung erleuchten.

Ein Mitarbeiter witzelt: Der DJ komme aus Frankreich - Orléans oder Bordeaux. "Bonjour", begrüßt der gebürtige Stuttgarter seine heutigen Kollegen. Zu zweit steht er hinter dem Pult, bereitet sich vor: DJ Razil und DJ RL geben den Takt, die Stimmung, die Musikrichtung vor. In der Nacht stehen immer wieder Freunde bei ihnen. Feiern dort, nicht mit der Menge. Die Party beginnt um 23 Uhr. Mit einer halben Stunde Verspätung gewähren die Türsteher Eintritt.

Um 1 Uhr ist der Club komplett voll. Tanzen ist schwierig. Die Leute tummeln sich auf der Tanzfläche, Platz hat es dort kaum noch. Auch nicht auf den Podesten. Manche schaffen es von einem Bein aufs andere zu wechseln, sich zu drehen oder die Arme in die Luft zu strecken.

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Der Club in Stuttgart hat sich zu einem der bekanntesten Läden der Stadt entwickelt. Heiko Grelle und Axel Steinbeck gründeten die Schräglage in einem kleinen Café in der Marktstraße, um für sich und ihre Freunde private Partys zu veranstalten.

Sie hatten Lust auf Hip-Hop und Partys. Der Bekanntheitsgrad stieg schnell und die Räumlichkeiten mussten auf die Dachterrasse ausweichen, weil diese langsam aus allen Nähten platzten. Auf 200 Quadratmetern finden 300 Gäste Platz, um vibrierende Beats und Bässe zu spüren.

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Der 34-jährige Armen Shala ist Teilhaber der Schräglage. Ungefähr drei Monate nach der Eröffnung des Cafés stieß er zum Team dazu und ist bis heute ein Teil davon.

Da sich der Club im Laufe der Jahre zu einer Erfolgsgeschichte entwickelte, entschied sich Shala sein Studium abzubrechen und hauptberuflich für die Schräglage zu arbeiten.

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Ende 2006 wurde die Entscheidung getroffen die Showrooms und das Café in einen Club zu verwandeln. Bis auf die ersten Tage nach der Eröffnung startete die Schräglage durch: "Nach zwei bis drei Wochen hat es dann Klick gemacht und es war voll. Ich kenne die Schräglage nur voll."

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Feuchtfröhlich waren die Events in der Marktstraße, sagt Armen Shala. "Es war schon krass. Ich erzähle das auch oft den Leuten, die hier noch neu sind." Die erste Schräglage hatte keine richtige Klimaanlage, sondern nur Lüfter. "Es war bollenheiß. Der Schweiß tropfte von der Decke."

Als sich die Betrunkenen einmal Zigaretten anzünden wollten, scheiterten sie.

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Dann kam der Schicksalsschlag: ein Wasserschaden. Das Feiern hatte ein jähes Ende und von einem Tag auf den anderen war der Laden dicht. Doch allen war klar: Die Schräglage muss weiter existieren.

Knapp ein Jahr später war die perfekte Location gefunden und bis heute ist die Schräglage in der Hirschstraße zu Hause. Aufgrund der laufenden Berichterstattung in den Medien über die Suche eines neuen Standorts wurde die Neueröffnung zu einem vollen Erfolg und der Club startete durch.

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Eine besonders ausgeklügelte Strategie lege der Club nicht an den Tag, sagt Armen Shala.

Doch trotzdem gehört ein ausgearbeitetes Konzept dazu, um in der Diskothekenszene erfolgreich zu sein. Wie sieht das bei der Schräglage aus, die seit über 13 Jahre in Stuttgart existiert?

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Das Instagram Layout der Schräglage hat die Optik von Polaroids.

Polaroid-Bilder kennt man nicht aus der heutigen Zeit, auf dem Instagram-Account der Schräglage gehört die nostalgische Optik aber zum Konzept. Über 3.500 Menschen folgen dem Schnapsschuss-Feed, der Bilder der Gäste, DJs und Urlaubsbilder vereint.
 
Martin Labacher von 0711 übernimmt das. Mit vollstem Vertrauen übergab das Team der Schräglage die Verantwortung, den Club öffentlich zu vertreten.

Instagram-Storys auf Partys, Highlight-Wochen, alles ist dabei und gut durchdacht. Club-Besucher markieren die Schräglage, wenn sie sich zum Feiern fertigmachen. Sowohl Clubgänger als auch der Hip-Hop-Laden selbst posten munter bei jedem Feier-Hashtag.


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Musikwellen laufen auf einem Bildschirm durchs Bild.

Bewusst entschieden sich die Betreiber dafür, in der Schräglage zunächst ein einziges Genre zu bedienen: "Wir hören Hip-Hop, haben Bock darauf und deshalb machen wir das", sagt Armen Shala.

Trotzdem sind sich die Macher sicher, dass eine gute Mischung die Menschen lockt und den Club füllt. In all den Jahren hat sich der Musikgeschmack der Schräglage stetig verändert. Experimenten sind sie nicht abgeneigt, dennoch wird abgewogen, ob etwas in ihren Club gehört oder nicht.
 
In all den Betriebsjahren hat sich die Schräglage angepasst: Donnerstags legen Stuttgarter DJs auf, freitags läuft New School und R'n'B. Samstags sind meist Fremdveranstalter für die Stimmung verantwortlich.

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Direkt vor dem Eingang der Schräglage. Menschen warten auf den Einlass während sie zahlen und kontrolliert werden. Der Eingang ist durch Metallzäune abgetrennt.

Von der Location profitiert die Schräglage stark, da sie für Laufkundschaft in der Innenstadt attraktiv ist. Niemand kennt die Schräglage leer. Weder in der ersten Location in der Marktstraße noch am heutigen Ort in der Hirschstraße.

Die gute Lage bringt auch Probleme: Oft möchten bereits stark betrunkene Menschen in die Disko. Manche von ihnen sind auf Krawall aus, um diese kümmert sich die Security. 

Es hat einige Zeit gedauert bis die neuen, passenden Räumlichkeiten gefunden wurden: Fast ein Jahr lang suchten die Verantwortlichen nach einem geeigneten Platz für den Club. Jetzt wollen Armen und seine Crew ihre Partys im Keller nicht mehr missen.

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In Rot und Orange erleuchtet der Raum. Menschen stehen an der Bar. Die Barkeeper bereiten die Getränke vor. Hoch zu kopf thront ein Hammerhaifisch über den Gästen.

Einige Gäste betreten das Ice Café Adria, unterhalten sich und rauchen. Aus den Boxen tönt laute, basslastige Musik – auf dem Programm steht "UK-House” und "Garage".

Der DJ steht in einer Art Kanzel oberhalb der Tanzfläche, die Lichtanlage an der Decke leuchtet passend zur Musik auf und dimmt wieder ab. Die Tür hinter den Besuchern fällt zu und sie schlendern über die Treppe an die Bar.

An vereinzelten Tischen sitzen Menschen und genießen bei Kerzenschein ihre Drinks. Immer im Blickfeld: eine überdimensionale Eistüte, der die Bar ihren Namen verdankt. In gelb, grün und rot leuchten die Kugeln, ein ungewollter Wackelkontakt lässt das Bild zucken. Über der Bar hängt an Ketten ein blauer Hammerhai.

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Eine einzelne Frau geht die Treppe hoch. Hinter ihr versucht der Hammerhaifisch einen Happen der Eiswaffel des Ice Café Adria zu erwischen.

Seit dem ersten Februar gibt es das Ice Café Adria – mitten in der Innenstadt. Ein Platz für Kreativität, Musik und Party: "Die Konzeptlosigkeit zum Konzept machen", lautet die Devise.

Aus dem ehemaligen Dönerladen soll ein urbaner Treffpunkt für alle Alters- und Gesellschaftsgruppen werden, ein "Social Hub", in dem sich ausgetauscht und gemeinsam gefeiert werden kann.

Die Tür kann, trotz Türsteher, umsonst passiert werden – im Ice Café wird kein Eintritt verlangt, da es sich um eine Bar, nicht um einen Club, handelt. Getanzt wird trotzdem. Wechselnde, überwiegend lokale DJs bespielen von Donnerstag bis Samstag Abend die Räumlichkeiten mit ganz unterschiedlichen Musikrichtungen, mal Hiphop, mal Elektronisches.

Ist viel los, können sich hier bis zu 200 Gäste aufhalten. Geöffnet hat die zentrale Location täglich. Die Möbel sind teilweise vom Sperrmüll – Daniel Geiger rettet sie und schenkt ihnen ein zweites Leben. Die hellblaue Eckbank stand früher im Mos Eisley, heute ziert sie den Eingangsbereich des Ice Café Adria.

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Daniel Geiger hat schon viele Erfahrungen in unterschiedlichen Nachtlokalen gesammelt. Jahre bevor es das Ice Café Adria gab, war der 36-Jährige ab der Eröffnung 2011 beim "Wurst und Fleisch" angestellt und für die optische Gestaltung zuständig. Zwei Jahre später das selbe im "Super popular Sunchez" an der Bahn Haltestelle "Staatsgalerie".

Alles temporäre Projekte mit Ablaufdatum – auch der Mietvertrag des Ice Café Adria ist auf zwei Jahre begrenzt. Bis dahin will Geiger, der eigentlich Grafiker und Illustrator ist, sein neues Projekt in der Eberhardstraße auskosten und kreativ gestalten.

Schon nach wenigen Tagen ist das Ice Café Adria erfolgreich: die Tanzfläche voll, die Gäste begeistert. 



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Im Ice Café Adria laufen unterschiedliche Genres: Manchmal House Musik mit Lautstärke und intensiven Beats, manchmal entspannter Jazz mit Gesang. 

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Daniel Geiger: "Wir machen ein ganz unterschiedliches Musikprogramm, weil wir ausprobieren wollen, was uns gefällt. Man kann nicht immer gleich in eine Richtung gehen. Da schränkt man sich doch mehr ein, als dass man sich open-minded in dem Bereich bewegt. Offenheit gehört irgendwie zu den Worten 'Ice'. Das geht Hand-in-Hand und es soll auch nett bleiben." 
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Nicht nur die Offenheit hinsichtlich Konzept und Musikprogramm machen das Ice Café zu einem besonderen Spot im Stuttgarter Nachtleben.  

Die urigen Details, aufwendig gestaltete Getränke- und Programmkarten an den Wänden sowie das scheinbar zusammen gewürfelte Mobiliar kommen in der Szene, die hier bedient wird, gut an.

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Daniel Geiger sitzt mit Freunden an einem Tisch, es wird Bier getrunken, die Gruppe lacht und unterhält sich angeregt. Der Barbesitzer steht auf, greift zu einer Rolle Klebeband und beginnt, die große Fensterfront mit langen Streifen zu verzieren.

Ein Muster entsteht. Geiger tritt ein bis zwei Meter zurück um sein Kunstwerk zu betrachten, scheint zufrieden und setzt sich zurück zu seinen Freunden. 

Beim Feiern, im Barbetrieb und im Kontakt mit den Gästen entstünden immer wieder neue Ideen, die dann oft direkt umgesetzt würden. Das sei alles kein starrer Prozess, sondern flexibel – Kreativität brauche Freiraum.

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Auf der linken Seite ist der Bier-Automat zu sehen. Darüber steht auf einem schwarzen Schild in großen Buchstaben "Beer 0,5 L". Es sind Pfeile daran gezeichnet. Auf der rechten Seite sind Sitzmöglichkeiten.

Selbst bezahlt, bedient, geöffnet. Bier gibt es nicht nur an der Bar: Im Ice Café Adria stehen zwei Getränkeautomaten, die optisch an längst vergangene Tage erinnern. Der mit Bier ist einsatzbereit, auf dem anderen - für Antialkoholisches - steht, er sei in Elternzeit.

"Ich hatte vor sieben Jahren die Idee, eine Bar ohne Mitarbeiter zu eröffnen und einfach auf die Theke Automaten zu stellen, sodass die Leute selber ihre Sachen ziehen können", sagt Daniel Geiger. Ein autonomes Programm in einem laufenden Laden – das wollte er damals. Heute mache sein Team den Automaten nichtig: "Man braucht ein Gesicht und manchmal auch den Kontakt zu den Leuten."

Auch wenn der Bier-Automat ein Gerät ist und man für leckeren Gerstensaft nicht zwingend an die Bar muss, fördert er die Gespräche zwischen Fremden. Unterhaltungen entstehen, man kommt in Kontakt.

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Auf dem Bild ist die Lichter-Anlage zu sehen. Sie ist quadratisch und auch die einzelnen Leuchten sind in Quadrat-Form von Holz umgeben.

Die Decke ist mit einem Konstrukt aus Holz und Halogenlampen bestückt. Eine Lichtanlage, die sich von Hand auf jedes Musikstück einstellen lässt.

Von Hand gebaut, installiert und programmiert: Die Anlage kann über ein analoges Kontrollpult mit fünf Drehreglern und fünf Programmtasten bedient werden. Geschwindigkeit, Abdimmzeit, und Lichtstärke können damit reguliert werden.

Verantwortlich für das Schmuckstück ist Roland Bartoff, der in Stuttgart regelmäßig Kurse für solche selbstgebauten Elemente gibt.

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Ein Blick in die Zukunft zeigt: es gibt viele Pläne und Visionen – wie die genau aussehen, ist noch unklar. Zwei Jahre haben Geiger und seine Mitarbeiter nun, um sich in dem Achtziger-Jahre-Bau auszuleben, zu gestalten und kreativ zu schaffen. Danach wird man weitersehen.

Auch wenn das Projekt Ice Café nur temporär ist, muss viel Arbeit, Geld und Herzblut investiert werden, um den Ort zu etwas Besonderem zu machen. Leidenschaft heißt das Zauberwort, da ist sich Geiger sicher.

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Daniel Geiger ist froh, dass er in der Innenstadt einen Platz für sein Projekt gefunden hat: "Hätten wir den Laden nicht gefunden, gäbe es die Bar nicht."

Zu den Räumlichkeiten ist er durch einen Tipp von Bekannten gekommen. Da der Besitzer keine Lust hat, die Ladenfläche selbst zu bespielen, bekommt Geiger jetzt die Chance, nachdem er sich gegen andere Bewerber durchgesetzt hatte.  


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Mitten in der Innenstadt, in der Eberhardstraße 5, befindet sich das Ice Café Adria. Treppen links und rechts am Eingang vorbei führen zur U-Bahn Station "Rathaus".

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Vor der Schräglage stehen Menschen. Passanten laufen vorbei. Die Straße ist in einem gelben Licht erleuchtet.

Das Stuttgarter Partyvolk ist verwöhnt: Mehr als zehn Minuten muss in der Innenstadt niemand von einem Club zum anderen laufen.


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Die Pano Bar befindet sich in Zuffenhausen. Das Ice Café Adria und die Schräglage in Stuttgart-Mitte.

Zu Fuß erreicht man die Schräglage vom Bahnhof aus in 15 Minuten. Das Ice Café Adria in 16. Mit der U-Bahn in acht Minuten. Der Weg zur Pano Bar ist länger. 14 Minuten dauert die Fahrt ab dem Hauptbahnhof, zu Fuß wäre man fast 1,5 Stunden unterwegs.

Das nächste Problem: Nachts fährt die letzte Bahn um 1.03 Uhr zurück in die Innenstadt. Eine Zeit, zu der viele Gäste erst die Tür zum Club öffnen.

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Die Abgeschnittenheit vom Zentrum ist jedoch ein großer Minuspunkt im Nachtgeschäft. Durch den weiten Weg besuchen nur Gäste die Pano Bar, die gezielt dort feiern wollen. Laufkundschaft und Bar- beziehungsweise Clubhopping-Fans halten sich in der Stadtmitte auf. Davon profitieren Schräglage und Ice Café Adria.

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Eine Multimediareportage von

Jana Dengler
Jennifer Dypka
Evelyn Krix
Joel Lischka
Christopher Müller
Moritz Osswald

Mit besonderem Dank an

Juliane Blanck
Daniel Geiger
Armen Shala

Hochschule der Medien Stuttgart
März 2019




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Im Schnelldurchlauf füllt sich die Schräglage

Was im Gespräch mit Nachteulen auffällt: Die Ansichten gehen sehr stark auseinander. Jeder sieht die Probleme beim Thema Nachtleben woanders. Für manche ist Clubsterben ein großes Problem, andere haben noch nie davon gehört.

Tatsächlich ist es so: Schließt sich eine Tür, öffnet sich eine andere. Das Rocker33 musste weichen, das Kowalski kam. Die Röhre ging, das Wizemann war geboren. Die Finca verabschiedete sich, das Allerbeste sagte Hallo.

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Juliane Blanck sitzt auf einem Sofa vor einem Spiegel und spricht.
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Daniel Geiger spricht über sein Konzept und wie er sich vorstellt, wie das Ice Café Adria für die Gäste sein soll
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Daniel Geiger sitzt auf einem Barhocker, im Hintergrund stehen auf einem Brett Gläser. Die Bar ist rot beleuchtet.
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Die Flamme einer Kerze geht aus.

"Wir hoffen, dass wir nicht so viel einlagern müssen", sagt Juliane Blanck über all die Dinge, die in der Pano.Bar stehen. Die Gemälde werden versteigert und finden hoffentlich ein neues, gutes Zuhause. Der Rest hat seinen Platz erst einmal in Garagen. Von allem will sich der Verein nicht trennen. 

Der Leiter des Ice Cafés Adria Daniel Geiger lässt noch offen, was seine neue Bar darstellen will. Aber in Zukunft wird der Innenraum durch die Veranstaltungen komplett anders gestaltet sein. In zwei Jahren wird aber auch das Ice Café Adria verschwunden sein: Bisher ist der Mietvertrag auf zwei Jahre ausgelegt.

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Eine einzelne Frau geht die Treppe hoch. Hinter ihr versucht der Hammerhaifisch einen Happen der Eiswaffel des Ice Café Adria zu erwischen.

Ein Café, ein Club, eine Bar - alle brauchen Ideen und Konzepte, einen Businessplan, der Ziele und Wünsche festlegt.

Uriges kommt in den Szenen, die das IceCafé Adria, die Schräglage und die PanoBar bedient, gut an. Alle drei entwickelten Eigenheiten, die es in den anderen beiden Läden nicht gibt und sie besonders machen.

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Daniel Geiger: "Wir machen ein ganz unterschiedliches Musikprogramm, weil wir ausprobieren wollen, was uns gefällt. Man kann nicht immer gleich in eine Richtung gehen. Da schränkt man sich doch mehr ein, als dass man sich open-minded in dem Bereich bewegt. Offenheit gehört irgendwie zu den Worten 'Ice'. Das geht Hand-in-Hand und es soll auch nett bleiben." 
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Laut Rainer Guist, Vorstand vom Club Kollektiv Stuttgart, müsse ein Umdenken stattfinden: In Vierteln und Quartieren denken, weg vom „Schwabenphänomen” Innenstadt. In jedem Kiez solle es eine eigene Szene mit Bars, Clubs und Räumlichkeiten zur kreativen Entfaltung geben. Nur so könne sich auf Dauer eine abwechslungsreiche Subkultur entwickeln. Anfangen müsse damit aber die Stadt, indem sie Flächen zur Verfügung stellt. Ob die Stadt diese allerdings besitzt, ist eine andere Frage.

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„Es gibt einen Kern: Wir verlangen keinen Eintritt, was ein Club in der Regel macht, um mehr Gage auf der Seite zu haben für Leute, die was kosten, weil sie einen Namen haben und dadurch auch Leute ziehen. Aber wir verlangen keinen Eintritt und wollen trotzdem ein anspruchsvolles Programm bieten. Das ist auch die Herausforderung.“

Im Ice Café Adria laufen unterschiedliche Genres: Manchmal House Music mit Lautstärke und vielen Beats, manchmal ruhigerer Jazz mit Gesang.

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Die Pano.Bar liegt in Zuffenhausen. Das Ice Café Adria und die Schräglage in Stuttgart-Mitte.

Zu Fuß erreicht man die Schräglage vom Bahnhof aus in 15 Minuten. Das Ice Café Adria in 16. Mit der U-Bahn in 8 Minuten.

Zur Pano.Bar kommt man schwieriger hin und zurück. In der Nacht fährt die letzte Bahn um 1.03 Uhr zurück in die Innenstadt. 14 Minuten dauert die Fahrt mit der U7 Richtung Bopser. Der Nachtbus fährt ab 1.50 Uhr einmal pro Stunde und benötigt 24 Minuten. Es gibt keinen Parkplatz für Autofahrer.

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